Anm. zu BAG: Evangelischer Kirchenkreis ist kein öffentlicher Arbeitgeber

Kirchenarbeitsrecht

Das BAG hat mit Urteil vom 25.1.2024 (8 AZR 318/22) entschieden, dass eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht zur Einladung schwerbehinderter Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch verpflichtet ist (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB).

Sachverhalt:

Der schwerbehinderte Kläger hatte sich um eine Stelle in der Verwaltung eines Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland beworben. Trotz Offenlegung seiner Schwerbehinderung wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Seine Bewerbung blieb erfolglos. Nach Ansicht des Klägers wurde er im Auswahlverfahren wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Dies indiziere die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Hierzu sei der Kirchenkreis nach § 165 Satz 3 SGB IX verpflichtet gewesen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts gelte er gem. § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX als öffentlicher Arbeitgeber. Mit seiner Klage hat der Kläger deshalb die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Der beklagte Kirchenkreis hat dies abgelehnt. Er sei kein öffentlicher Arbeitgeber. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dargelegt. Eine solche kann nicht auf Grund der unterbliebenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vermutet werden. Hierzu war der beklagte Kirchenkreis nicht verpflichtet. Die Einladungspflicht nach § 165 Satz 3 SGB IX besteht zwar gem. § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX u.a. für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies betrifft aber nach dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Begriffsverständnis nur Körperschaften, die staatliche Aufgaben wahrnehmen. Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts dienen demgegenüber primär der Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll dabei die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgesellschaft unterstützen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Einladungspflicht auf kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts erstrecken wollte. Insoweit stehen sie den ebenfalls staatsfernen privaten Arbeitgebern gleich.

Hinweis für die Praxis:

Dass der Rechtsstreit bis in die Revisionsinstanz getrieben wurde, überrascht zunächst angesichts der Tatsache, dass allein öffentliche Arbeitgeber besondere Pflichten nach dem SGB IX treffen (vgl. § 165 SGB IX). Danach ist die Norm an alle öffentlichen Arbeitgeber adressiert. Dieser Begriff ist durch § 154 Abs. 2 SGB IX – allerdings nicht abschließend – konkretisiert. Erfasst werden als einheitliche „öffentliche Arbeitgeber“ neben den in den Nrn. 1-3 benannten Behörden alle Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Nr. 4). Letztere Vorschrift erfasst alle weiteren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, denen hoheitliche Befugnisse übertragen worden sind oder die öffentlichen Aufgaben zu erfüllen haben. Hieraus leiten Teile des Schrifttums jedoch ab, dass die Kirchen in Deutschland öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Das sieht das BAG hingegen anders. Das Gericht bewertet daher den beklagten Kirchenkreis nicht als öffentlichen Arbeitgeber. Der rechtliche Bewertung mag der Betrachter zwar kritisch sehen, indes ist sehr zu begrüßen, dass die bislang streitige Frage nunmehr höchstrichterlich geklärt worden ist.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Andreas Imping, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Köln

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 2/24 vom 25.1.2024