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Anm. zu LAG-Berlin-Brandenburg: Leiharbeit - Kein Anspruch auf Tätigkeitsnachweis nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Arbeitsrecht

Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 17.1.2025 (12 Sa 102/24) entschieden, dass bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten Verpflichtung, die geleistete Arbeit zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen, es sich um einen Teil der angewiesenen Arbeitsleistung handelt, die wegen des Charakters der Arbeitspflicht als Fixschuld mit Zeitablauf untergehen und die deshalb nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeklagt werden kann (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB).

Sachverhalt:

Die Parteien stritten über Ansprüche der klagenden Arbeitgeberin und Verleiherin gegen den beklagten Leiharbeitnehmer auf Herausgabe von Tätigkeitsnachweisen sowie auf Schadensersatz.

Die Klägerin verleiht Arbeitnehmer. Der Beklagte war bei ihr seit Januar 2022 als Elektrotechniker zum Einsatz als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass er seine geleisteten Stunden wöchentlich von einem befugten Vertreter des Entleihbetriebs auf einen entsprechenden Tätigkeitsformular bestätigen lassen musste.

Seit dem 2. Mai 2022 setzte die Klägerin den Beklagten als Leiharbeitnehmer bei der Firma G ein. Den zugrundeliegenden Überlassungsvertrag mit der Firma G kündigte die Klägerin zum 6. Oktober 2022. Mit Schreiben vom 3. Mai 2022 wandten sich für den Beklagten dessen spätere Prozessbevollmächtigen an die Klägerin und wiesen auf ein Kündigungsschreiben des Beklagten vom 10. April 2022 hin, welches das Arbeitsverhältnis zum Ende Mai 2022 beenden werde.

Die Klägerin stellte gegenüber der Firma G Rechnungen, mit denen sie einen Einsatz des Beklagten für den Zeitraum vom 1. Juni 2022 bis zum 30. September 2022 abrechnete. Die Rechnungen wurden nicht beglichen.

Mit der Klage machte die Klägerin von dem Beklagten die Herausgabe von Tätigkeitsnachweisen für den Zeitraum Juni bis September 2022 gerichtlich geltend und für den Fall der Nichtherausgabe solcher Tätigkeitsnachweise die Zahlung von Schadensersatz. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führte ebenfalls nicht zum Erfolg.

Das LAG Berlin-Brandenburg hielt die Klage für unbegründet, da die Klägerin vom Beklagten weder die Herausgabe der Tätigkeitsnachweise noch die Zahlung von Schadensersatz verlangen könne.

Verpflichtungen, die geleistete Arbeit zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen, seien Teil der angewiesenen Arbeitspflichten. Sie stellten sich somit als Teil der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung dar. Letztere sei die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag. Wo diese Verpflichtung nicht mehr bestehe, könne der Arbeitgeber auch nicht mehr die Erfüllung der Dokumentationspflicht verlangen. Weiter sei zu beachten, dass eine aus dem etwa während dieser Zeit fortbestehenden Arbeitsvertrag mit der Klägerin bestehende Verpflichtung des Beklagten, vom 1. Juni bis zum 30. September 2022 im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses bei der Firma G als Entleiherin Arbeitsleistungen zu erbringen, mit Zeitablauf untergegangen sein würde. Auf Grund ihres Fixschuldcharakters führe der Zeitablauf zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung. Dies erfasse dann aber auch die begleitende Dokumentationspflicht. Wenn der Beklagte die Arbeit für die Klägerin nicht nachholen müsse, dann müsse er auch die Dokumentation als Teil der Arbeitsleistung nicht nachholen.

Das gelte auch, wenn das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht wirksam aufgelöst worden sei. Denn insoweit sei maßgebend die Zweckbestimmung des Beklagten, der als Arbeitnehmer für die Firma G tätig war und nicht mehr als Leiharbeitnehmer für die Klägerin. Dies entspreche allgemeinen Grundsätzen, wonach es der Schuldner ist, der den Leistungszweck bestimmt (§ 366 Abs. 1 BGB).

Eine Verpflichtung zur Erstellung eines sogenannten „Null-Stunden-Nachweises“ bestehe ebenfalls nicht.

Den geltend gemachten Schadensersatz könne die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen. Dies folge schon daraus, dass der Läger ab Juni 202 keine Verpflichtung mehr hatte, Tätigkeitsnachweise beizubringen. Im Übrigen habe Klägerin einen kausalen Schaden nicht dargetan, für den sie ohnehin das ersparte Arbeitsentgelt hätte berücksichtigen müssen, welches sie bei einer Erfüllung des Leiharbeitsvertrags in den Monaten Juni bis September 2022 an den Beklagten hätte zahlen müssen. Ihr Schaden bestünde nicht in den ausgebliebenen Zahlungen der Firma G.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg verdeutlicht, dass die Verpflichtung zur Dokumentation der Arbeitszeit oder erbrachter Leistungen ein Teil der Arbeitspflicht ist und mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt. Ein nachträgliches Einfordern solcher Tätigkeitsnachweise ist rechtlich nicht durchsetzbar, insbesondere wenn keine Arbeitsleistung mehr für die Arbeitgeber erbracht wurde. Daher ist Unternehmen, die Arbeitnehmer verleihen, dringend zu raten, nicht nur vertraglich festzuhalten, dass Tätigkeitsnachweise zu erbringen sind, sondern auch auf die Einhaltung dieser Pflicht noch während der Erbringung der Arbeitsleistung für den Entleiher zu achten und dies entsprechend zu kontrollieren.

Autorin: Annette Rölz, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Frankfurt am Main

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.1.2025 (12 Sa 102/24)