BFH: Betriebsausgaben-Abzugsverbot für Gästehäuser im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG; Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen; Betriebsstätte, die nicht üblicherweise von den beherbergten Personen aufgesucht wird
BFH, Urteil vom 24.05.2023, XI R 37/20
Verfahrensgang: FG Berlin-Brandenburg, 8 K 8008/19 vom 10.11.2020
Leitsatz:
1. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG greift nicht ein, wenn sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befindet.
2. Ein Betrieb des Steuerpflichtigen am Ort des Gästehauses muss nicht üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht warden.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren nur noch darüber, ob Aufwendungen für ein Gästehaus in X auf ... (Inland) dem Abzugsverbot des § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) beziehungsweise § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes i.V.m. § 4 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie dem Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 4 Abs. 5 EStG unterliegen.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein anerkannter Lohnsteuerhilfeverein im Sinne von § 4 Nr. 11 i.V.m. §§ 13 ff. des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Er unterhielt in den Streitjahren (2012 bis 2014) über … Beratungsstellen im Sinne von § 23 StBerG, deren Leiter als freie Mitarbeiter für den Kläger tätig sind. Die Beratungsstellenleiter sind keine Arbeitnehmer im Sinne von § 1 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung und erzielen keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG).
Der Kläger mietete –soweit hier noch von Interesse– zwei Ferienapartments in X an. Sämtliche Aufwendungen für die Apartments behandelte er als abziehbare Betriebsausgaben und zog die darauf entfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer ab. Die Apartments überließ der Kläger unentgeltlich an für ihn tätige Beratungsstellenleiter jeweils für eine Woche.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt –FA–) setzte die Körperschaftsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag sowie die Umsatzsteuer zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung –AO–) fest. Eine für die Jahre 2010 bis 2013 durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung kam zu der Feststellung, dass nach § 37b Abs. 1 EStG zu erfassende Zuwendungen vorlägen. Der Änderungsbescheid erging am 20.02.2014, wurde am 31.03.2014 geändert und ist bestandskräftig. Der Kläger meldete daraufhin für das Jahr 2014 eine entsprechende Pauschalsteuer an.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung für die Streitjahre vertrat das FA in den Änderungsbescheiden über Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer vom 24.01.2018 u.a. die Auffassung, dass die gesamten Aufwendungen für die Apartments nicht abziehbare Betriebsausgaben im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG seien und die pauschale Steuer nach § 37b EStG, die im Jahr 2014 erhoben wurde, nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen sei. Die auf die angemieteten Apartments entfallenden Vorsteuerbeträge seien folglich auch nicht abzugsfähig.
Die Einsprüche blieben insoweit erfolglos, wobei das FA das Abzugsverbot zusätzlich auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG stützte. Dagegen erhob der Kläger Klage.
Das FA erließ im Laufe des Klageverfahrens Änderungsbescheide wegen Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer für das Jahr 2014.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 533 veröffentlichten Urteil ab. Es nahm an, die Aufwendungen für die Apartments in X seien nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. Das Abzugsverbot ergebe sich zwar nicht aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, weil die Überlassung der Apartments nicht als Geschenk anzusehen sei. Das Abzugsverbot ergebe sich aber aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG. Bei den Apartments in X handele es sich um Gästehäuser, die sich außerhalb des Ortes eines Betriebs des Klägers befänden. Der Kläger habe zwar zur Überzeugung des FG nachweisen können, dass er in X im gleichen Gebäudekomplex über eine Betriebsstätte –in Gestalt eines eigenen Schulungsraums– verfügt habe, während die Hauptberatungsstelle des Z keine Betriebsstätte des Klägers, sondern eine des Z sei. Von den Räumen der Beratungsstelle des Z sei der Schulungsraum aber ausgenommen. Jedoch müsse –entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung– die Betriebsstätte auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden. Dies sei hier nicht der Fall. Im Ergebnis zutreffend sei daher auch die Pauschalsteuer nach § 37b EStG im Jahr der Entstehung und aufwandswirksamen Verbuchung (2014) als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe anzusehen. Das FA habe außerdem zu Recht den Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1a UStG versagt, da die Vorsteuer auf Aufwendungen entfallen sei, die unter ein Abzugsverbot fielen.
Mit der Revision rügt der Kläger ausschließlich die Verletzung materiellen Rechts in Bezug auf die Apartments in X. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG sei nicht anwendbar, weil der Kläger in X über eine Betriebsstätte verfüge. Die Nutzer des Apartments müssten nicht üblicherweise die Betriebsstätte besuchen; diese zusätzliche Anforderung aus R 4.10 Abs. 10 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) finde keine Stütze im Gesetz. Im Übrigen werde eine vom Gesetzgeber missbilligte "unangemessene Repräsentation" im Wesentlichen von der Ausstattung und nicht von der Lage bestimmt. Eine solche verhindere auch bei Gästehäusern am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, sodass für die vom FA vertretene teleologische Reduktion der Rückausnahme für nicht auswärtige Gästehäuser in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG keine Notwendigkeit bestehe. Die Aufwendungen seien im Streitfall auch nicht durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG vom Abzug ausgeschlossen. Die Aufwendungen seien nicht unangemessen, da die Apartments nur Aufwendungen von circa 850 € monatlich verursacht hätten.
Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide wegen Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer 2012 und 2013 vom 24.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2018 sowie wegen Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer 2014 vom 17.07.2019 dahin zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von … € für 2012, von … € für 2013 und … € für 2014 sowie weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von … € für 2012, von … € für 2013 und von … € für 2014 berücksichtigt werden sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für zulässig zu erklären.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung. Aufwendungen für Gästehäuser am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen seien nur angemessen, wenn der Betrieb von den beherbergten Personen aufgesucht werde. Es sei nicht nur darauf abzustellen, ob sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinde oder nicht, sondern auch darauf, ob eine betriebliche Veranlassung bestehe, den Betrieb aufzusuchen. Das sei hier nicht der Fall.
II. Der erkennende Senat ist gemäß Teil A, Ergänzende Regelungen, II.2.a bb und II.2.c aa des Geschäftsverteilungsplanes des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Entscheidung des gesamten Streitfalls zuständig, weil über die im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob ein Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 EStG eingreift, nur einheitlich entschieden werden kann sowie die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag den höchsten Streitwert haben. Gesonderte Einwendungen zur Umsatzsteuer oder gegen § 15 Abs. 1a UStG erhebt die Revision nicht.
III. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG für Gästehäuser auf die Apartments in X angewandt. Entgegen der Auffassung des FG muss der Betrieb des Steuerpflichtigen nicht üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, wie sich auch aus dem Rubrum des Senats ergibt und der Senat in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert hat, nur die Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuermessbetrag und die Umsatzsteuer. Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag sind nicht Verfahrensgegenstand. Bezüglich der Gewerbesteuer ergibt sich dies bereits aus der Auslegung der Klage durch das FG. Nichts anderes gilt jedoch für den Solidaritätszuschlag, sodass das Urteil des FG, würde es der Senat nicht ohnehin aufheben, zu berichtigen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2021 - V R 19/21, BFHE 275, 309, BStBl II 2022, 774, Rz 12 f.).
2. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich bei einem Körperschaftsteuersubjekt wie dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des EStG und des KStG. Sein Gewerbeertrag ist gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nicht abziehbar sind nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG unter anderem Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 EStG gilt, entfallen.
3. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass das Abzugsverbot für Gästehäuser eingreife, weil sich die Apartments in X außerhalb des Orts eines Betriebs des Klägers befänden. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.
a) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG dürfen Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden, den Gewinn nicht mindern. Entgegen der Auffassung des FG verlangt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG jedoch nicht, dass eine Stelle, eine Betriebsstätte oder ein Betrieb des Steuerpflichtigen in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden muss.
b) Der erkennende Senat hat bei der Prüfung des Merkmals, ob sich das Gästehaus "außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen" befindet, in seinem Urteil vom 20.11.2019 - XI R 49/17 (BFH/NV 2020, 497, Rz 26) auf das Vorliegen einer Betriebsstätte (§ 12 AO) abgestellt; da sich in jenem Streitfall am Ort des Gästehauses keine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO befand, entschied der Senat, dass sich das Gästehaus außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinde. Über die Tatbestandsmerkmale des § 12 AO hinausgehende Anforderungen sind an den Begriff des "Betriebs" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht zu stellen. Insbesondere muss die Betriebsstätte nicht, wie die Finanzverwaltung in R 4.10 Abs. 10 Satz 3 EStR meint, üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht werden.
aa) Für diese Auslegung spricht bereits der Gesetzeswortlaut. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist lediglich erforderlich, dass sich das Gästehaus außerhalb des Orts "eines Betriebs" des Steuerpflichtigen befindet. Der Wortlaut lässt es zu, dass ein Unternehmen mehrere "Betriebe" haben kann, wenn der unbestimmte Artikel "eines" statt des bestimmten Artikels "des" verwendet wird. Der als Rückausnahme mögliche Abzug der Betriebsausgaben knüpft danach nur an die Existenz "eines" Betriebs an dem Ort an, an dem sich das Gästehaus befindet, und an keine weiteren Umstände (Maetz in Bordewin/Brandt, § 4 EStG Rz 2764; Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 1256; wohl auch Frotscher/Watrin, in Frotscher/Geurts, EStG, § 4 Rz 701, 703; a.A. Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 Rz 1704, wonach bei Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten allein die Betriebsstätte maßgeblich sei, an der sich die Geschäftsleitung befindet). Dass zusätzlich "ein" Betrieb in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden müsse, also eine "besondere Betriebsbezogenheit" vorliegen müsse, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen (so aber wohl Brandis/Heuermann/Drüen, § 4 EStG Rz 747).
bb) Die historische Auslegung stützt diese Wortlautauslegung.
(1) Im Gesetzentwurf für das Jahressteuergesetz 1960 (BTDrucks 3/1811, S. 2) sollte zunächst in § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 EStG vorgesehen werden, dass unter anderem Einrichtungen des Steuerpflichtigen, die der Bewirtung oder Beherbergung von Personen dienen, die zu dem Steuerpflichtigen nicht in einem Dienstverhältnis stehen, "bei der Gewinnermittlung" ausscheiden. Der Gesetzentwurf hat dies allgemein mit der "Steuergerechtigkeit" begründet und die "Zurückführung des Spesenunwesens in der Wirtschaft" angestrebt (BTDrucks 3/1811, S. 6 und 7). Die zunehmende Steigerung des Lebensstandards habe es mit sich gebracht, dass viele Unternehmer bei ihrer betrieblichen Repräsentation einen hohen Aufwand trieben (Spesenunwesen). Im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens solle dieser Aufwand nicht länger über den Abzug vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt werden (BTDrucks 3/1811, S. 8). Der Gesetzgeber wollte daher bestimmte Betriebsausgaben (unter anderem Gästehäuser), die bereits ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation anzusehen seien, im Gesetz ausdrücklich benennen und ihren Abzug vom steuerpflichtigen Gewinn verbieten (BTDrucks 3/1811, S. 8). Nur Steuerpflichtige, die den Betrieb des Gästehauses gewerblich ausüben und aus dieser Tätigkeit unmittelbare Einkünfte erzielen (zum Beispiel Pächter eines Gästehauses), sollten durch die Neuregelung nicht berührt werden und auch weiterhin die Möglichkeit des Abzugs als Betriebsausgaben behalten.
(2) Allerdings ist dieses "strenge" Abzugsverbot so nicht Gesetz geworden. Der Finanzausschuss folgte zwar grundsätzlich der Bundesregierung dahin, dass Maßnahmen geboten erscheinen, die Auswüchsen auf dem Gebiet des "Spesenmißbrauchs" entgegenwirken (BTDrucks zu 3/1941, S. 2). Der Finanzausschuss schlug jedoch vor, das Abzugsverbot in einen gesonderten Absatz 5 zu übernehmen und unter anderem dahin gehend zu beschränken, dass die Beschränkung nur für Gästehäuser gilt, die "sich außerhalb des Ortes eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden" (BTDrucks 3/1941, S. 3, rechte Spalte unter 2.). Er ging dabei davon aus, dass unter den Begriff "Betrieb" auch Zweigniederlassungen und Betriebsstätten mit einer gewissen Selbständigkeit fallen (BTDrucks zu 3/1941, S. 3). Eine Beschränkung auf den Ort der Geschäftsleitung scheidet als Verstoß gegen den gesetzgeberischen Willen schon deshalb aus. Aber auch eine Einschränkung dahin gehend, dass der Betrieb üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht werden müsse, findet sich dort nicht. Der Senat zieht daraus den Schluss, dass eine derartige weitere Einschränkung vom historischen Gesetzgeber nicht gewollt war. Dafür spricht auch der Vorschlag einer klareren Abgrenzung der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben (BTDrucks zu 3/1941, S. 2, zu Art. 1 Ziffer 2, 1. Absatz). Formulierungen, die die Verwaltung vielfach vor schwierige Auslegungsfragen stellen und zu unliebsamen Auseinandersetzungen mit den Steuerpflichtigen führen würden, wollte der Gesetzgeber gerade vermeiden (BTDrucks zu 3/1941, S. 2 unter d, zu den Grundsätzen "der sparsamen Wirtschaftsführung").
(3) Zu Recht weist der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der erneute Versuch, mit dem Entwurf für das Dritte Steuerreformgesetz (BTDrucks 7/15470, S. 22) Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen dienen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, allgemein vom Betriebsausgabenabzug auszuschließen (BTDrucks 7/1470, S. 22), gescheitert ist. Der Gesetzgeber begründete den Versuch damit, dass die unterschiedliche Behandlung von Aufwendungen für Gästehäuser, die am Ort des Betriebs und außerhalb des Orts des Betriebs belegen sind, nicht gerechtfertigt erscheine (BTDrucks 7/1470, S. 249). Der Finanzausschuss war jedoch der Auffassung, dass der Wortlaut des geltenden Rechts wiederherzustellen sei (BTDrucks 7/2180, S. 17). Eine vom ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren abweichende Sicht ergibt sich daraus folglich nicht.
cc) Außerdem spricht die systematische Auslegung für dieses Verständnis. Der Betriebsausgabenabzug ist die Regel (§ 4 Abs. 4 EStG), das Abzugsverbot für Gästehäuser (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG) die Ausnahme und die Belegenheit des Gästehauses am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen die Rückausnahme, die zum Regelfall zurückführt. Rückausnahmen sind weit auszulegen.
(1) Es handelt sich bei § 4 Abs. 5 EStG um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist (vgl. BFH-Urteile vom 04.11.1986 - VIII R 1/84, BFHE 148, 446, BStBl II 1987, 259; vom 09.06.1999 - I R 100/97, BFHE 189, 79, BStBl II 1999, 658, unter II.4.). Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Rahmen des objektiven Nettoprinzips Betriebsausgaben grundsätzlich abziehbar sind und Ausnahmen hiervon –auch bei privater Mitveranlassung– eines besonderen sachlichen Grundes bedürfen (vgl. zu § 4 Abs. 5 EStG Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 04.12.2002 - 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, unter C.I.1.c aa und bb sowie C.II.1.; vom 06.07.2010 - 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, Rz 36 ff., 42 ff.; s.a. BFH-Urteil vom 01.07.2020 - XI R 20/18, BFHE 269, 525, Rz 32 ff.).
(2) Der im Sinnzusammenhang des Gesetzes zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers ist bei der Auslegung des § 4 Abs. 5 EStG zwar auch zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 30.07.1980 - I R 111/77, BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58). Ein gesetzgeberischer Wille dahin gehend, dass ein Betriebsausgabenabzug nur dann nicht zu versagen ist, wenn die Betriebsstätte üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht wird, ist jedoch nach den Ausführungen unter III.3.b bb nicht feststellbar.
dd) Die vom FG angenommene weitere Einschränkung, wonach die Betriebsstätte "üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht" werden müsse, lässt sich auch nicht mit dem Vereinfachungszweck der Norm (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 07.02.2007 - I R 27-29/05, BFHE 216, 536, unter II.2.b bb; vom 14.10.2015 - I R 74/13, BFHE 252, 39, BStBl II 2017, 222, Rz 12) vereinbaren. Wenn zum Beispiel Erwerbsaufwendungen die Kosten der allgemeinen Lebensführung im Sinne des § 12 EStG berühren, kann der Gesetzgeber zwar zur Klarstellung wie zur Vereinfachung einschränkende Regelungen treffen, durch die zugleich Ermittlungen im Privatbereich eingegrenzt werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27.07.2015 - GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 78). Mit der vom FG angenommenen Einschränkung der Gegenausnahme würde jedoch das Gegenteil erreicht; denn ob der Übernachtungsgast den Betrieb besucht, lässt sich objektiv nicht überprüfen. In diesem Zusammenhang vorgetragene Behauptungen des Gastes beziehungsweise des Steuerpflichtigen wären regelmäßig nicht verifizierbar. Eine Anknüpfung an dessen Angaben würde die Rechtsanwendung nicht vereinfachen, sondern verkomplizieren. Hingegen kann für das Vorliegen einer Betriebsstätte an objektive Erkenntnisse wie Anzeigen gemäß § 138 AO, die Gewerbesteuerzerlegung und Ähnliches angeknüpft werden (BFH-Urteil vom 20.11.2019 - XI R 49/17, BFH/NV 2020, 497, Rz 26). Eine (weitere) Vereinfachung als durch das Abstellen auf den Begriff der Betriebsstätte wäre nur dadurch zu erreichen, dass der Gesetzgeber an den Ort des Gästehauses gar nicht mehr anknüpft; dies hat er jedoch mehrfach abgelehnt (s. III.3.b.bb).
ee) Der Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG gebietet keine andere Auslegung (a.A. BeckOK EStG/Meyer, 16. Ed. [01.07.2023], EStG § 4 Rz 2742.6; Spilker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz I 19). Dies ergibt sich schon daraus, dass für den Fall, dass ein Gästehaus nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG fällt, nach der zutreffenden Auffassung der Finanzverwaltung (R 4.10 Abs. 10 Satz 2 i.V.m. Abs. 12 Nr. 2 EStR) die Betriebsausgaben für das Gästehaus nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG vom Abzug ausgeschlossen sein können (ebenso z.B. Schmidt/Loschelder, EStG, 41. Aufl., § 4 Rz 560; KKB/Hallerbach, § 4 EStG, 8. Aufl., Rz 659). Es handelt sich dabei um eine Art Generalklausel für Aufwendungen bestimmter Art, die nach Auffassung der Allgemeinheit unangemessen erscheinen (vgl. BFH-Urteile vom 30.07.1980 - I R 111/77, BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58; vom 10.10.2017 - X R 33/16, BFHE 259, 519, BStBl II 2018, 185, Rz 29; Spilker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz M 10; s.a. BFH-Urteil vom 16.02.1990 - III R 21/86, BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575, unter II.1.b). Die "Steuergerechtigkeit" und die "Zurückführung des Spesenunwesens in der Wirtschaft" lassen sich für Gästehäuser am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen über § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG erreichen, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen. Sollte der Gesetzgeber diese Vorschrift hierfür nicht für ausreichend erachten, steht es ihm frei, erneut den Versuch zu unternehmen, den Abzug von Aufwendungen für Gästehäuser generell zu verbieten.
ff) Ein Abstellen auf eine (wie auch immer ermittelte) "objektive" Üblichkeit des Besuchs eines Betriebs am Ort des Gästehauses hätte im Übrigen, anders als das FG meint, der Klage ebenfalls zum Erfolg verholfen. Liegen –wie im Streitfall– Schulungsräume des Steuerpflichtigen vor, werden diese üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht, wenn an dem Ort, an dem sich der Schulungsraum befindet, keine Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, sondern nur Arbeitnehmer von Dritten beschäftigt sind. Bei Arbeitnehmern des Dritten, die gegebenenfalls den Schulungsraum besuchen, dürfte es sich üblicherweise um "Geschäftsfreunde" des Steuerpflichtigen handeln, wenn der Dritte ein Geschäftsfreund ist. Dass die Betriebsstätte von den beherbergten Gästen besucht wird, verlangt selbst die Finanzverwaltung nicht.
c) Ausgehend davon ist die Vorentscheidung aufzuheben. Entgegen der Auffassung des FG befinden sich die Wohnungen in X nicht außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen. Das FG hat nach Sachverhaltsaufklärung angenommen, dass der Kläger zur Überzeugung des FG habe nachweisen können, dass er in X im gleichen Gebäudekomplex über einen eigenen Schulungsraum als Betriebsstätte verfügt habe. Diese tatsächliche Würdigung ist auf Grundlage der vom FG festgestellten Tatsachen möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FA hat dagegen zwar im Revisionsverfahren eingewandt, der Schulungsraum sei jedenfalls in den Streitjahren noch keine Betriebstätte des Klägers gewesen, aber die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht mit Gegenrügen angegriffen. Die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat ebenfalls nichts ergeben, was die sich aus § 118 Abs. 2 FGO ergebende Bindung des Senats an die tatsächliche Würdigung des FG entfallen lassen könnte.
4. Die Sache ist spruchreif. Da auch kein anderes Abzugsverbot eingreift, ist der Klage wie beantragt stattzugeben.
a) Der Betriebsausgabenabzug ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG und nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgeschlossen, weil das FG nach Beweisaufnahme davon überzeugt war, dass keine Geschenke im Sinne der Vorschrift vorliegen.
b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG und dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG im Streitfall nicht vor.